Biografie Herbert Falk

Herbert Falk, geboren am 5. März 1931 in Mingolsheim als Sohn der jüdischen Eltern Julius Falk und Karolina Oestreicher.

Herbert Falk 1933
Herbert Falk rund zwei Jahre alt
Herbert Falk Moritz Oestreicher 1933
Herbert Falk mit seinem Großvater Moritz Oestreicher 1933

 An seine frühe Kindheit in Deutschland kann er sich kaum noch erinnern. Als Herbert fünf Jahre alt war, verstarb seine Mutter in Mingolsheim und seine Großmutter Betty Oestreicher geb. Fuld kümmerte sich danach um ihn. Sein Vater nahm ihn mit zum Schwefelbad, in das die Deutschen gingen, um verschiedene Krankheiten durch das heilende Wasser zu kurieren. Nach dem Bad gingen sie in ein Restaurant, um einen Leckerbissen zu sich zu nehmen.

Klasse Jahrgang 1931 Grundschule Mingolsheim
Klasse Jahrgang 1931 Grundschule Mingolsheim (links Lehrer Kober, rechts Lehrer Ludwig Springer)

Herbert Falk kann sich noch an die Namen einiger seiner Mitschüler in Mingolsheim erinnern und an seinen Lehrer Ludwig Springer, der ein Nazi war. Einmal fuhr Herr Springer zu einer Nazi Veranstaltung mit dem Fahrrad am Wohnhaus von Herbert Falk vorbei. Herbert hätte ihn mit „Heil Hitler“ grüßen müssen, tat dies aber nicht. Am nächsten Tag in der Schule wurde Herbert deshalb von diesem ins Gesicht geschlagen.

Herbert Falk Julis Falk 1938
Herbert mit seinem Vater Julius Falk 1938

Im Dezember 1938 immigrierte er zusammen mit seiner Großmutter Betty Oestreicher und seinem Onkel Max Oestreicher auf dem Schiff „Europa“ von Bremen aus nach New York. Max Oestreicher war zuvor in einem Konzentrationslager interniert. Seine Mutter appellierte an den Bürgermeister von Mingolsheim, einen Brief zu schreiben, dass Max ein guter Mensch sei und aus dem Lager entlassen werden sollte, um ausreisen zu können. Der Bürgermeister hat dieses Schreiben bis fast zur letzten Minute hinausgezögert. Herbert und seine Großmutter hatten sich bereits darauf eingestellt, ohne Max nach Amerika auszureisen, als Max schließlich am Abreisetag um drei Uhr in der Nacht doch noch nach Hause kam.

Dringlichkeitsbescheinigung Herbert Falk
Dringlichkeitsbescheinigung für Auslandsreise vom 13.12.1938
Passagierliste Dampfschiff "Europa" ab Bremen 16.12.1938
Passagierliste Dampfschiff „Europa“ ab Bremen 16.12.1938

Es war sehr kalt zu dieser Zeit und Max hatte, wir die übrigen Internierten, die meiste Zeit im Freien verbringen müssen, dafür aber keine angemessene Kleidung. Herbert Falk erinnert sich noch, dass die Hände seines Onkels Max fast erfroren waren. An die Überfahrt nach Amerika auf der MS Europa kann sich Herbert nur noch wenig erinnern, weiß aber noch, dass es auf dem Schiff ein großes Spielzimmer gab, wo er mit anderen Kindern spielen konnte.

Bei der Ankunft in New York waren sie nicht gezwungen nach Ellis Island zu gehen, da sie einen Sponsor in den Vereinigten Staaten hatten. Dieser Sponsor war Frau Sophie Grass, geb. Dreifuss, Gründerin der Mrs. Grass Soup, in Chicago ( heute: Wyler’s Mrs. Grass Soup and Dip Mixes, eine Tochtergesellschaft der H. J. Heinz Company).

Zusammen mit seiner Großmutter und seinem Onkel Max lebte er auf einem Milchbauernhof in Illinois, für dessen Besitzer Max arbeitete. Herbert kann sich noch daran erinnern, dass seine Großmutter sehr viel gebacken hat.

Herbert erinnert sich daran, dass er einen Brief seines Vaters erhielt, nachdem dieser im Konzentrationslager Dachau interniert war. Da die Familie danach nie wieder etwas von Julius Falk hörte, kamen sie zu dem Schluss, dass er im Lager verstorben sein musste. Herbert sagte auf Anfrage, dass er zu diesem Zeitpunkt zu jung war, um Gefühle für das Schicksal seines Vaters und anderer Verwandter zu entwickeln.

Herbert Falk 1950er
Herbert Falk in den USA in den 50er Jahren

Nach dem Tod seiner Großmutter (1943) wuchs Herbert bis zu seinem Eintritt zur Armee (1954) in der Familie von Max Oestreicher und dessen Ehefrau Rose auf.

Nach seiner Militärzeit fand Herbert Falk Arbeit an unterschiedlichen Orten, bis er mit einem Mann zusammentraf, der Garagentore installierte. Danach arbeitete er für ein Holzunternehmen bis er schließlich seine eigene Firma eröffnete. Zunächst installierte er Sturmtüren, Garagentore und Fenster, später installierte und reparierte er ausschließlich Garagentore. Er wurde sehr erfolgreich mit seinem Geschäft (Herb’s Door Service) und in der Region sehr bekannt. Einer seiner Söhne führt heute das Geschäft weiter.

Bereits vor 1937 war die in Mingolsheim geborene Tante, Bertha Oestreicher (1906-1993) nach Chicago, Illinois ausgewandert und dort mit Nathan Joseph Wolf (1899-1988) verheiratet. Diese wurden Eltern von Karolina (1937-1998), die eine Behinderung hatte. Karolina (Karol) verbrachte in einigen Sommer eine oder zwei Wochen bei der Familie von Herbert Falk. So genoss sie frische Landluft außerhalb ihres Apartements in Chicago. Herbert Falk traf sich of mit Familie Wolf in Chicago und er kümmerte sich um ihre Angelegenheiten, als diese älter wurden.

Claire and Herbert Falk 2013
Herbert Falk mit seiner Frau Claire an ihrem Geburtstag im Jahr 2013

Herbert Falk lebte in Illinois. Er war verheiratet, hatte zwei Töchter, zwei Söhne, vier Enkelkinder und vier Urenkel.

Er ist am 23. Juni 2018 gestorben.

Zusammengestellt von Tobias Rachor nach den Angaben von Herbert Falk, Illinois.

 

Gedenken für die Opfer des Nazi-Regimes in Mingolsheim und Langenbrücken