Artikel zur Stolperstein-Verlegung in Malsch

Quelle: mit freundlicher Genehmigung der Rhein-Neckar-Zeitung (Artikel von Herrn Kloé vom 21.02.2018)

Malsch. (oé) In der Letzenberggemeinde, die einst eine große jüdische Gemeinde besaß, wurden jetzt von dem Künstler Gunter Demnig die ersten acht Stolpersteine in Erinnerung an ehemalige jüdische Mitbürger verlegt. Das Gedenken gilt den Familien Hilb/Hamburger und Simon Heß, die zusammen mit anderen Malscher Juden am 22. Oktober 1940 nach Gurs in Südfrankreich deportiert worden waren. Die erwachsenen Mitglieder der Familien starben entweder dort oder wurden später im Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Zwei Kinder aus beiden Familien, Ruth Hamburger und Rolf Hess, überlebten jedoch den Holocaust und gelangten in die USA, wo sie heute mit ihren Familien lebten.

Beide sind inzwischen hoch betagt und konnten deshalb nicht an der Stolperstein-Verlegung in Malsch und der Gedenkstunde am Abend zuvor teilnehmen. Rolf Hess und seine Familie waren aber bereits 2015 in Malsch zu Gast, als sich die Deportation nach Gurs zum 75. Mal jährte. Und Ruth Luftman-Hamburger schickte ihre drei erwachsenen Söhne, die zusammen mit weiteren Familienangehörigen an dieser „bemerkenswerten Veranstaltung“ teilnahmen, so die Einschätzung Eric Luftmans, des jüngsten Sohnes. Er hatte die vielen Besucher an der Erinnerung in seiner Familie teilhaben lassen, indem er aus den Briefen vorlas, die das Ehepaar Hamburger während des Aufenthalts im Lager Gurs „in verzweifelter Liebe“ an ihr einziges Kind schrieben. Sie hatten es in ein Kinderheim gegeben, weil sie hofften, dass dort die Überlebenschancen größer sind.

Den Besuch der Nachkommen bezeichnete Malschs Bürgermeisterin und Schirmherrin der Veranstaltung, Sibylle Würfel, als „große Ehre“. Beide Familien sollten sich in Malsch „wieder aufgenommen fühlen“. Sie sprach von einem „sehr bedeutenden Ereignis“ für Malsch, die Erinnerungskultur bekomme mit den Stolpersteinen eine „neue Qualität“. Zu Nummern degradierte Menschen bekämen ihre Namen zurück. Familien, die grausam auseinandergerissen wurden, würden symbolisch wieder vereint – und zwar an ihrem letzten frei gewählten Wohnort. Sie unterstrich die Notwendigkeit der Erinnerung und deren „Zukunftsdimension“: wachsam zu bleiben und dafür zu sorgen, „dass wir in einer Gemeinde leben, in der alle Menschen Achtung, Freiheit und Sicherheit finden“ und ihre Würde gewahrt bleibe, so Sibylle Würfel. Unabhängig von religiöser und politischer Überzeugung sowie unabhängig von Aussehen und ethnischer Zugehörigkeit.

Die Stolpersteinverlegung wurde von der Stolperstein-Initiative Malsch initiiert, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Malschs jüdische Geschichte aufzuarbeiten und an die Opfer des Holocaust aus Malsch zu erinnern. Nach eingehender Diskussion des Für und Wider hatte man sich für die Stolpersteine als eine „eindringliche und dennoch unaufdringliche Gedenkform im öffentlichen Raum“ entschieden. Durch die Platzierung der Steine auf dem Gehweg werde „die Zugehörigkeit der Vertriebenen und Ermordeten zu unserem Ort deutlich; sie werden gleichsam zu uns zurückgeholt“. Weil Ruth Luftman und Rolf Hess die letzten Überlebenden sind, und damit sie die Verlegung der Stolpersteine noch miterleben konnten, sollten die Gedenksteine für ihre Familien als erste verlegt werden.