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Nie wieder ist jetzt!

Die Reichspogrome im Jahr 1938 waren vom nationalsozialistischen Regime organisierte und gelenkte Gewaltmaßnahmen gegen Juden im Deutschen Reich. In Mingolsheim beschädigten in der Nacht vom 9. auf den 10. November auswärtige SA-Mitglieder und örtliche Nazis die Wohnungen der jüdischen Familien Falk und Östreicher. Zur Erinnerung an an die Pogromnacht  möchten wir den Opfern des Nationalsozialismus gedenken und die Stolpersteine in Bad Schönborn reinigen.

Denn das jüdische Leben ist heute mehr denn je bedroht. Jeder von uns sollte sich gegen Bedrohungen und Gewalt gegenüber unseren Mitmenschen erheben. Unsere jüdischen Mitbürger*innen, Freund*innen und Nachbar*innen sollen sich in Deutschland sicher fühlen.

Nie war es wichtiger  ein Zeichen setzen – für jüdisches Leben in Deutschland, für Zusammenhalt und gegen Rassismus sowie Ausgrenzung. „Nie wieder“ ist jetzt!

Treffpunkt ist am 9. November 2023 um 16 Uhr vor der Leopoldstraße 11 in Mingolsheim. Von dort aus laufen wir zur Bruchsaler Straße 11 in Mingolsheim.

Im Morgengrauen

Die „Aktion Zeichen Setzen“ und die Gemeinde Bad Schönborn begehen diesen traurigen 80. Jahrestag am Donnerstag, 22. Oktober 2020, um 7.15 Uhr. Treffpunkt ist „im Morgengrauen“ an der ehemaligen Synagoge in der Friedrichstraße im Ortsteil Mingolsheim.

Reichspogromnacht: Zachor! Erinnere Dich!

Historische Ereignisse in Bad Schönborn

Die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938

"Holocaust" - Bild von Liane Holl (Ausstellung von Januar bis März 2016 im Verdi-Haus Karlsruhe)
„Holocaust“ – Bild von Liane Holl (Ausstellung von Januar bis März 2016 im Verdi-Haus Karlsruhe)

Es war in der Nacht vom 09. auf den 10. November 1938, als Juden in Deutschland von einem Pogrom heimgesucht wurden, dass in seinem fürchterlichen Ausmaß jedem Deutschen zeigte, welchen Weg die Juden in Deutschland und später auch in den von Deutschen besetzten Gebieten, noch gehen würden. Mit der Reichspogromnacht begann im gesamten Reich die heiße Phase der Judenverfolgung, welche nur noch durch die am 20.01.1942 auf der Wannseekonferenz beschlossene Endlösung – der totalen Vernichtung und Ausrottung der Juden- übertroffen wurde.

Durch das von Partei und Reichsregierung angeordnete Pogrom am 09. November, gingen im ganzen Land Synagogen in Flammen auf. Jüdische Geschäfte und Wohnhäuser wurden geplündert und zerstört. Viele Juden starben an den brutalen Misshandlungen, oder begingen in ihrer Verzweiflung Selbstmord. Tausende meist männliche Juden wurden verhaftet und in die KZ Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen gebracht.

Diese „Aktion“ gegen die jüdische Bevölkerung mit der vorübergehenden Inhaftierung, war von Heydrich höchstpersönlich angeordnet mit dem Ziel, die Familien unter Druck zu setzen, um deren Auswanderung zu beschleunigen und die Enteignung und Arisierung des Besitzes voranzutreiben. Dafür mussten bereits im April 1938 alle jüdischen Bürger das sogenannte „Verzeichnis über das Vermögen von Juden“ ausfüllen und beim Bürgermeisteramt abgeben. Es beinhaltete neben Bargeld, Grundstücken und Häusern auch das gesamte Inventar nebst beweglichem lebendem Inventar. Dieses Verzeichnis diente einzig und allein dafür, „feindliches“ jüdisches Vermögen zu enteignen und zu arisieren (anderes Wort für stehlen).

Die Pogromnacht in Mingolsheim

In der Pogromnacht versuchten fünf SA-Leute die Synagoge in der Friedrichstraße mit Benzin zu übergießen und anzuzünden, als ein Mann aus der Nachbarschaft der zufällig vorbei kam, den SA –Leuten erklärte, dass sich die Synagoge seit April in Privatbesitz befinde. Durch diesen Zufall wurde die Synagoge von der Zerstörung gerettet. Die SA- Leute zogen weiter zum Haus von Max Östreicher in der Leopoldstraße 3. Sie drangen in sein Haus ein und schlugen die Inneneinrichtung kurz und klein. Max Östreicher wurde verhaftet und saß vom 11.11 bis 20.11.1938 im
KZ Dachau. Nach seiner Entlassung aus dem KZ Dachau sah er sich gezwungen, zusammen mit seiner Mutter Betty Östreicher und seinem Neffen Herbert Falk, seine Heimat Mingolsheim zu verlassen, um in die USA auszuwandern. Dafür hatte Betty Östreicher das Haus mit Scheune und Stallungen, sowie einige Feldgrundstücke verkaufen müssen.

Julius Falk, der Vater von Herbert Falk und Schwager von Max Östreicher, wurde ebenfalls in der Pogromnacht verhaftet und ins KZ Dachau verbracht. Nach seiner Entlassung aus dem KZ Dachau kehrte Julius Falk wieder nach Mingolsheim in die Leopoldstraße 11 zurück. Er lebte dort mit seiner 2. Ehefrau Emma und seiner Schwester Elsa Falk. Julius und Emma verfügten nicht über die finanziellen Mittel, um ebenfalls nach Amerika zu emigrieren.

Die Pogromnacht in unserer näheren Heimat Bruchsal

Für die Durchführung des Pogroms in Bruchsal wurden u.a. auch Mitglieder der Mingolsheimer Reiter-SA herangezogen. Durch das Gleichschaltungsgesetz von 1933 wurden Angehörige des Reitervereins, ob sie wollten oder nicht, automatisch Mitglied in der Reiter-SA. Ein Mitglied, der am Novemberpogrom in Bruchsal beteiligt war sagte später dazu: „Das war grobes Unrecht. Wenn wir das je büßen müssen.“

In Bruchsal ging die Synagoge in Flammen auf und wurde vollkommen zerstört. Viele jüdische Geschäfte wurden zerstört, geplündert. Jüdische Mitbürger körperlich schwer misshandelt und verschleppt. Eine Jüdin aus Bruchsal hatte deshalb jegliche Hoffnung verloren und wählte den Freitod.

Prof. Ludwig Marx (1891-1964) war bis zu seiner Zwangsentlassung Lehrer am humanistischen Gymnasium (heute Schönborngymnasium) in Bruchsal und danach Lehrer an der jüdischen Schule in der Markgrafenstraße in Karlsruhe. In einem seiner Gedichte hat er über die Novembernacht Folgendes geschrieben:

Pogrom
Sie haben uns ihre Häscher gesandt,
sie haben unsere Tempel zerstört,
sie haben die heiligen Bücher verbrannt,
sie haben unsere Häuser verheert.
Sie haben uns zu Gefang`nen gemacht,
sie haben nicht vor dem Tode gebebt,
wir sagen Kaddisch in jener Nacht-
sie morden den Leib, unsere Seele lebt.
(Prof. Dr. Ludwig Marx 1891-1964)

Für die Initiative Stolpersteine für Bad Schönborn: Angelika Messmer

Quellen:
Willy Messmer: Wir müssen jeden Tag sprechen..
Die Reichspogromnacht und die Gedenkfeiern im Rückblick. Verlag Jugendwerkstatt Östringen e.V. 1990.

75 Jahre Deportation Gurs – Schweigeweg

08.30 Uhr Beginn im Foyer der Michael-Ende Schule

Schülerinnen der 9. und 10. Klassen unter Beteiligung der Moneschule, Michael-Ende-Schule und Realschule stimmen in den Schweigeweg ein:

Stummer Impuls – Zeitzeugenbericht – Ansprache – Lied – Schweigeweg

Schweigeweg (über Pestalozzistraße/Gartenstraße) zur Leopoldstraße, Friedrichstraße, Synagoge mit Gedenken